Freitag, 18. Januar 2013

My home is my castle

Nein, es ist viel mehr für mich. Es ist mein Lebensmittelpunkt, mein Ich-Platz. Wir haben jahrelang in einem Mehrfamilienhaus gelebt- ein Horror für mich! Wenn ich in den Keller wollte habe ich erst leise gehört, ob jemand im Flur oder Keller ist. Erst wenn das ausgeschlossen war konnte ich los gehen. Seit einem Jahr leben wir in einem Einfamilienhaus. Für mich ist das das Beste, was mir seit langem passiert ist. Ich habe einen großen Garten. Und da ich mich am liebsten zuhause aufhalte ist es mir wichtig, dass ich mich wohl fühle. Endlich kann ich einfachen in den Keller gehen! Mein Heim ist mir sehr wichtig und es es ist privat. Das heißt, dass ich nur seeeeehr ungern Fremde einlasse. Ich will niemandem einen (Ein)Blick in meine Privatheit gewähren. Das ist nahezu wie die Verletzung eines Sakrilegs. Niemand darf oder soll meine Privatheit kommentieren- nein, noch nicht mal sehen. Es reicht, dass ich mir diesen Ich-Punkt mit meiner Familie teile. Umso schlimmer sind Tage wie sie nun gleich zwei mal hintereinander anstehen. Mein Sohn hat Geburtstag. Und da er (ebenfalls Autist) schnell überfordert ist wird die Feier auf 2 Tage verteilt. Für mich ist dies das blanke Entsetzen. Soviele Menschen betreten meine Privatsphäre, hinterlassen Spuren, benützen Dinge. Und ich muss versuchen dies alles ohne Overload zu überstehen. Ich bin nervös, aufgeregt, verärgert. Aber ich weiß, dass ich diese Erwartung erfüllen muss. Denn sollte ich dies nicht tun, dann wären die bohrenden Nachfragen mindestens genauso schlimm. Meine Kinder konnten jahrelang keine Freunde mit nach Hause bringen. Es war für mich undenkbar, dass ständig fremde Menschen durch meinen Lebensraum laufen. Jetzt, da wir in dem Haus wohnen, ist es etwas besser geworden. Die Kinder nehmen ihre Freunde- nach Nachfrage bei mir- mit in ihre Zimmer. Mein privatester Wohnraum bleibt davon unberührt. Trotzdem bin ich immer bei ca. 30% Overload. Wie das mit der Berechung des Overloads bei mir funktioniert erzähle ich Dir an anderer Stelle. Ich bin seit Tagen wie gelähmt, wenn ich an die bevorstehenden Tage denke. Am liebsten würde ich mich einschließen und erst wieder rauskommen, wenn alles vorbei ist. Diese Grenzüberschreitung, diese Konventionen, die ich mühevoll erlernen musste aber teilweise immer noch nicht verstehe. Mir graust es - und doch gibt es keine Möglichkeit dies zu umgehen. Schlimmer ist es noch, wenn Fremde über die Türachwelle treten. Dann kann ich nur mit großer innerer Anspannung meine Weglauftendenzen unterdrücken. Bald kommt wieder der Schornsteinfeger. Das ist eine richtig schwierige Situation für mich. Und dann soll ich noch Lächeln!? Ich gebe es zu, ich habe diese Art der Mimik jahrelang vor einem Spiegel geübt. Ich kann meine Mundwinkel auf Kommando wie eingemeißelt zurückziehen. Anscheinend wirkt dies auf neurotypische Menschen nett und/oder höflich. Wenn der Eindringling dann endgültig weg ist bin ich total erledigt. Overloadrate ca. 50%.

2 Kommentare:

  1. Heute bin ich auf Ihren Blog gestossen und finde ihn prima.In allem,was Sie schreiben finde ich mich irgendwie wieder.Ich bin auch Asperger-Autistin und habe ebenfalls 3 Kinder.Meine Diagnose habe ich erst vor 4 Jahren(mit 45 Jahren) erhalten.Schön zu wissen,dass andere genauso fühlen,wie man selber.Da fühlt man sich gleich weniger allein.Viel Erfolg noch mit Ihrem Blog !

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    1. Vielen Dank für Ihren Eintrag. Ich glaube, dass es viele Lebenskünstler wie uns beide gibt, die gut versteckt ein normales Leben "spielen" und sich dabei fast selbst aufgeben. Hoffentlich finden Sie Gelegenheit in Ihrer Familie so sein zu dürfen wie Sie wirklich sind und sich wohl fühlen. alles Gute!

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