Dienstag, 5. Februar 2013

War früher wirklich alles besser?

Zugegeben, ich kann diese Aussage nicht mehr hören!!! Das klingt so so sehr nach vergangenen goldenen Zeiten. Aber manchmal frage ich mich was gewesen wäre, wenn das Asperger-Syndrom in meiner Kindheit schon bekannt gewesen wäre. Vermutlich hätte es meinen Eltern viel erleichtert. Aber mir auch? Ich war "halt anders" wie meine Mutter es ausdrückte. Ich kam im Alter von 7 Monaten und 6 Tagen zu meinen Eltern. Davor hatte ich schon einige andere Stationen, an die ich mich aber nicht alle erinnern kann. Ich weiß lediglich, wie ich mit 6 Wochen vom Jugendamt in Obhut genommen wurde. Die folgenden Pflegefamilien waren mit mir überfordert - ich schrie soviel, dass ich einen Nabelbruch bekam. Als meine Mama mich dann das erste Mal sah war sie von meinem Blick angezogen und so kam Ischia das tollste Elternhaus der Welt. Dort wartete schon ein 14 Monate älter Junge darauf mein Bruder zu werden. Er sollte über Jahrzehnte mein Rettungsanker sein. Ich hielt mich immer an ihn. Mein Alltag verlief in sehr geregelten Bahnen. Die Wäsche lag immer am gleichen Platz im Bad, jeder Tag hatte die gleichen Routinen. Ein Segen für mich. Ich durfte lesen soviel ich wollte und hatte aber auch genügend Zeitum die Natur zu erkunden. Ich erinnere mich an wunderschöne Glücksmomente beim betrachten von Salamandern in Mauershlitzen, Kaulquappen im Bach und Sumpfdotterblumen. Mein Papa ist Schreiner und ich war von jeher viel in der Werkstatt und habe gelernt mit Holz zu arbeiten. "Geh aufrecht", "Schau nicht immer auf den Boden", "Gib die rechte Hand"...... All diese Sprüche hat meine Mutter unzählige Male wiederholt. Ebenso hat sie mir die richtige Prosodie beigebracht. Ich wurde "konditioniert", so gut das eben ging. Noch immer rede ich in unpassender Lautstärke, im falschen Moment,... Meine Eltern haben ihr Bestes getan mich "lebensfähig" zu erziehen. Ich hatte Sicherheit innerhalb ihrer Regeln. Mein Bruder wurde mir zum Vorbild, ich habe versucht ihn zu imitieren. In der Grundschule habe ich aufgehört zu lachen- allerdings musste ich dann schnell lernen, dass es nicht ratsam ist seine wahren Gefühle nach außen zu tragen. Meine Eltern waren verzweifelt und hilflos,mein Papa schenkte mir eines Abends eine große Packung Ferr***. Küss**** mit der Bemerkung "damit Du wieder lachst". Ich lachte also wieder und alles war in Ordnung- für die Anderen. Ich habe tatsächlich lächeln vor dem Spiegel geübt. Noch heute merke ich, wie falsch diese Gesichtszüge eigentlich sind, es kommt mir immer vor wie eingemeißelt. Sobald ich nicht mehr Lächeln muss entgleisen meine Züge- bestenfalls. Wenn ich einen Overload habe oder es zumindest Richtung Overload geht entgleise ich teilweise auch schon zu früh. Ich versuche dies immer zu vermeiden, denn dann bekomme ich soviel Aufmerksamkeit, und das will ich auf keinen Fall. Was wäre wenn? Welche Therapien hätte ich bekommen? Welche beruflichen Möglichkeiten? Wäre ich Mutter geworden? Ich habe mich an die Regeln gehalten, ich habe getan was man mir gesagt hat. Ich habe den Beruf erlernt, den man mir vorschlug, ich habe den Mann geheiratet, den mein Bruder mir empfahl.(Dass dies nicht gut ging erklärt sich wohl von selbst.....). Immer in der Hoffnung zu genügen und nicht aufzufallen. Bis heute ist es mir nur bedingt möglich so zu sein wie ich eigentlich bin. Und noch immer neige ich dazu Regeln ohne Hinterfragung zu befolgen. Ein großes Plus ist das Internet, das hätte ich wirklich gerne gehabt. Aber dazu schreibe ich einen eigenen Beitrag. Meine Depressionen sind derzeit sehr stark, ich kann weder telefonieren noch Post öffnen. Selbst das Aufstehen fällt mir schwer. Ich bin sehr (lebens)müde. Zuviele Vorgaben zu wenig ich selbst. Ich versuche wie immer das Gänze mit meinem Intellekt zu klären und durchzustehen, aber mein Körper fängt an zu streiken. Ich habe Angst- ich kann nicht weg hier und in Therapie gehen. Also versuche ich weiter zu lächeln und zu kämpfen.

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